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Reiseerfahrungen

Eine panamenische Familie / Una familia panameña

  • Familienleben in Boquete, Chiriquì

  • Ein Ausflug ans Meer (Las Lajas, Chiriquì, 15.Februar 2009)

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Familienleben in Boquete, Chiriquì

Marias Familie ist nach mitteleuropäischen Begriffen nicht wohlhabend, man schlägt sich so durch. 
Die Lebenshaltungskosten erscheinen für unsere Augen auf den ersten Blick sehr niedrig, aber das täuscht. Vieles (wie Fleisch und andere Lebensmittel) kostet in Panama zwar nur halb so viel (oder sogar noch weniger) wie in Deutschland, aber vieles kaum verzichtbares liegt auf ähnlichem Niveau. 
Und die Einkommen liegen oft im Verhältnis sehr viel niedriger, so dass der Lebensstandard vieler Familien der unteren Einkommenskategorien recht niedrig ist. Dass das Benzin (inzwischen wieder) nur etwa 2,20 US-Dollar/Gallone kostet (etwa 0,45 Euro), nützt einer Sekretärin wenig, die sich mit ihren 350 US-$ (rd. 270 Euro) netto im Monat bei 48 Stunden je Woche ohnehin kein Auto leisten kann und auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen ist. Das Durchschnittseinkommen in nichtakademischen, aber durchaus qualifizierten Berufen liegt um die 400 US-$ netto (rd. 300 Euro). Da schlägt es durchaus zu Buche, wenn ein Kühlschrank hier fast genau so viel kostet wie in Europa und die Kilowattstunde Strom ebenfalls. Warmes Wasser kommt nur bei den Familien mit höherem Einkommen aus dem Hahn, die meisten duschen kalt. Falls sie überhaupt eine Wohnung mit Duschbad besitzen.

Was aber nicht heisst, dass man das Leben nicht zu geniessen versteht. Die Leute hier mögen nach mitteleuropäischen Begriffen arm sein, die Häuser sind sehr schlicht und für neue Möbel oder anderen "Luxus" reicht das Geld oft nicht, aber an Lebensfreude mangelt es ihnen dennoch nicht. 

Da ist der Familienverband ein ganz wichtiges Element. In Marias Familie besucht man sich gegenseitig oft, jeder hilft jedem und abends trifft man sich oft im Hause der Eltern (die inzwischen bereits Urgroßeltern sind), kocht und isst gemeinsam, erzählt, lacht, spielt Bingo, macht Musik, reicht die Kleinsten herum und herzt sie. 
Überhaupt, die Kleinsten sind in dieser Familie die Wichtigsten, das sehe ich an Liz, Marias achtmonatiger Enkeltochter. Selbst die anderen Kinder, auch die Jungen, wollen das Baby immer wieder auf den Arm nehmen, lachen es an, machen Clownerien, um ihm ein Lachen oder eine andere Reaktion zu entlocken. Da wird soziales Verhalten auf beste Weise bereits in die Wiege gelegt, so scheint es.

Fast immer läuft bei den spontanen Familientreffen der Fernseher, aber kaum einer schaut wirklich hin. Nicht immer sind alle dabei, nicht alle wohnen so nahe beim elterlichen Haus. Eine Tochter lebt in den USA, eine andere in Costa Rica, wieder andere leben in anderen Teilen Boquetes oder weiter entfernt in Panama. Aber es gibt immer wieder Anlässe, sich auch in kleinerem Kreis zu treffen ... wobei der "kleinere Kreis" schnell 10 oder mehr Personen umfassen kann.


Die ganze Familie ist zum Feiern versammelt, Töchter und Söhne, Onkel und Tanten, Nichten und Neffen, Urgrosseltern und Enkelkinder

Ich bin erst seit Anfang Januar hier, habe aber bereits öfters Gelegenheit gehabt, Marias Familie zu treffen, die mich sehr herzlich aufgenommen hat. Da gab es ein Familienfest gegen Ende Januar, bei dem auch Verwandte aus Costa Rica zu Besuch waren und bei dem Musik gemacht und gesungen wurde.

Jeder trug etwas bei, die einen brachten Lebensmittel oder fertig gekochte Speisen mit, andere halfen beim Kochen oder besorgten Getränke. Da trifft es sich gut, dass zwei der Töchter gemeinsam mit ihren Partnern ein kleines Restaurant in der Nähe der Blumenmesse von Boquete betreiben und sehr lecker kochen.

Nach dem gemeinsamen Essen griffen der (Ur-) Grossvater und einer seiner Söhne zusammen mit einem Freund der Familie zur Gitarre und spielten und sangen populäre Lieder aus Mittel- und Südamerika. 

    
 Ein Ausflug ans Meer (Las Lajas, Chiriquì, 15.Februar 2009)

Einmal im Jahr macht Marias Familie einen gemeinsamen eintägigen Ausflug ans Meer, an den Strand von Las Lajas an der Pazifik-Küste, ungefähr 3 Stunden Fahrt mit dem Bus von Boquete aus. Für viele von ihnen ist das eines der wenigen grösseren Vergnügungen, die sie sich leisten können (von größeren Reisen ganz zu schweigen). 

Wenn diese Familie ihren Jahresausflug macht, braucht sie einen mittleren Reisebus, denn da kommen schnell 30 Personen zusammen. Und damit ist es nicht getan, denn neben dem persönlichen Gepäck jedes einzelnen müssen die Lebensmittel nebst Eis zum frisch halten, das Kochgeschirr im Restaurantformat, Getränkevorräte und Gerätschaften bis hin zum Feuerholz und großen Zementbausteinen zum Herrichten der Feuerstelle mitgebracht werden. Entsprechend ist der Bus dann brechend voll, manchen Sitz können nur kletterfähige Personen (meist Kids) über Gepäckberge erreichen. Die einzige Fahrgasttür ist denn auch derart zugestellt, dass sie zum Aussteigen jedes Mal in einer komplizierten Prozedur frei gemacht werden muss. Mit deutschen Vorstellungen von Sicherheitsvorschriften hat das wenig gemeinsam, aber die Leute hier haben viel Vertrauen in den lieben Gott. Und offenbar denkt die Polizei hier ebenso, denn keinmal, wenn es aus dem einen oder anderen Grunde eine Kontrolle gab, machte der einsteigende Polizist in dieser Hinsicht irgendeine Bemerkung.

Die Vorbereitungen zur Fahrt begannen bereits am Vortag mit der Vorbereitung der Speisen. Ich selbst begnügte mich mit dem Zerkleinern der frischen Ananas (piña) für den Obstsalat und schaute bei der Zubereitung der Tortillas zu. Hierzu war bereits Maisbrei (ähnlich wie italienische Polenta) mit fein zerkleinertem panamenischen Weisskäse zu einem festen Teig verknetet worden. Daraus werden dann Bällchen geformt, die dann zwischen zwei Plastikfolien mit einem Teller zu einer ca. 1 cm dicken Scheibe gepresst und mit einer runden Form ausgestochen werden. Diese Roh-Tortillas wurden dann am nächsten Tag vor Ort in heissem Öl frittiert und als Beilage zum typisch panamesischen Frühstück (!) mit in Gemüse gekochter Rinderleber (tortillas con higado) verzehrt.

Kurz nach Mitternacht kam dann der bestellte Bus an, es wurde eingeladen und kurz darauf ging die Fahrt los. Nach rund einer Stunde machten wir in David zunächst einmal an dem grossen Supermarkt Rey Halt, um noch etwas Proviant für die Fahrt und Getränke zu kaufen, dann ging es weiter über die Panamericana zum Strand von Las Lajas, wo wir gegen vier Uhr früh eintrafen. Dank des Mondlichts war es nicht ganz dunkel und so konnten wir uns einigermassen bequem unter dem langen Palmdach ("rancho") einrichten, wo bereits über hundert andere Strandgäste an quer stehenden Holzbänken ihre Lager aufgeschlagen hatten. Einige unserer Leute bauten für sich in der Nähe am Strand ein Zelt auf, andere legten Decken auf den Boden oder spannten zwischen den Pfosten Hängematten auf. Für den Rest der Nacht versuchten wir, noch etwas zu schlafen, was mir angesichts der angenehmen Temperatur trotz des recht harten Bodens recht gut gelang.
So gegen 7 Uhr erwachte ich vom allgemeinen Töpfeklappern und Stimmengewirr, die Vorbereitung des Frühstücks hatte offenbar begonnen. Einige Männer der Familie hatten bereits den "fogón", das Herdfeuer aus mitgebrachten Zementbausteinen aufgebaut und die Frauen waren dabei, die Tortillas in Öl zu backen.

Die am Vorabend geformten Tortillas  werden in 
siedendem Öl knusprig ausgebacken.

Nebenan schmort die geschnetzelte Rinderleber 
mit Zwiebeln und Paprikagemüse

Großvater legt beim Kochen selbst mit Hand an.

Das Frühstück mit Tortillas und Leber ist zwar 
ungewohnt deftig, aber durchaus lecker.